Die Überlebenden der Atomwaffentests

Das nukleare Zeitalter begann mit einem Test: am 16. Juli 1945 fand der erste Atomwaffentest, Trinity, in Alamogordo im US-Bundesstaat New Mexico statt. Und nicht einmal ein Jahr nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki, und im vollen Wissen über die Auswirkungen, begann die USA mit Atomwaffentests auf den Marshallinseln im Pazifik. Die anderen Atomwaffenstaaten folgten: bis heute fanden weltweit 2.056 Atomtests durch acht Staaten (USA, UdSSR, Frankreich, Großbritannien, China, Indien, Pakistan, Nordkorea) statt. Von diesen Tests wurden 528 überirdisch oder im Weltraum gezündet, die anderen fanden unterirdisch statt. Der letzte Atomtest fand 2017 statt, ein unterirdischer Test von Nordkorea.

Diese über 2.000 Atomtests hatten und haben massive Folgen für die Menschen, die in den Testregionen beheimatet sind. Die meisten Testgelände wurden auf indigenem Land oder in (ehemaligen) Kolonien errichtet, ausgesucht nach rassistischen Kriterien dazu, welche Leben schützenswert sind und welche nicht. Die lokale Bevölkerung wurde nicht oder unzureichend über Gefahren informiert oder sogar gezielt zur Erforschung der Folgen radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Körper missbraucht. Viele kämpfen bis heute mit den gesundheitlichen Folgen, teilweise bereits in der dritten Generation. Dennoch wurde nur ein Bruchteil der Betroffenen als solche anerkannt, noch weniger wurden entschädigt.

Testgelände - Beispiele

Nevada Test Site, USA

US-amerikanisches Testgelände

Das Nevada Testgelände ist das größte und wichtigste Atomwaffenversuchsareal der USA. Das etwa 3.500 km2 große Areal liegt im Gebiet der Westlichen Shoshone, die auch die most bombed nation on earth genannt werden. Denn hier wurden von 1951 bis 1992 insgesamt 1.021 Atomwaffendetonationen durchgeführt: 100 davon überirdisch und 921 unterirdisch. Die Tests setzten dermaßen große Mengen an Radioaktivität frei, dass weite Teile der USA mit strahlenden Partikeln kontaminiert und beinahe die gesamte US-amerikanische Bevölkerung erreicht wurde. Informationen über die Gefahren der Tests blieben aus, im Gegenteil, die Anwohner*innen wurden sogar dazu animiert, die Explosionen zu beobachten. Erst als die Zahl der an Leukämie erkrankten Kinder sowie anderer Krebserkrankungen stieg, wuchs der öffentliche Druck, keine überirdischen Atomtests mehr durchzuführen. Im Jahr 1963 wurde schließlich der Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser unterzeichnet (LTBT/PTBT). Die unterirdischen Atomtests wurden jedoch fortgeführt.

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Semipalatinsk, Kasachstan

Sowjetisches Testgelände

Auf dem Testgelände Semipalatinsk im heutigen Kasachstan führte die Sowjetunion am 29. August 1949 ihren ersten Atomwaffentest durch. Es folgten 467 Atomtests bis 1989, davon 120 oberirdisch und 347 unterirdisch. Am 29. August 1991 wurde das Testgeländes offiziell stillgelegt, fünf Jahre später wurden die Stollen verschlossen, die für die unterirdischen Tests genutzt worden waren. Die Geschichte Atomwaffentestgeländes in Semipalatinsk ist eine Mahnung, wie angebliche „nationale Sicherheitsinteressen“ dazu benutzt werden können, die Bevölkerung bewusst zu täuschen und die Gesundheit der Menschen für viele zukünftige Generationen zu gefährden. Denn in Semipalatinsk, wie auch im Umkreis anderer Testgelände weltweit, wurde die örtliche Bevölkerung durch Atomexplosionen wissentlich über mehrere Jahrzehnte großen Mengen an Radioaktivität ausgesetzt.

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Die Atolle Fangataufa und Moruroa gehören zu Französisch-Polynesien, einem heutigen französischen Überseegebiet. Zwischen 1966 und 1996 führte Frankreich auf den beiden Atollen, die zu diesem Zeitpunkt noch französische Kolonien waren, 197 Atomwaffentests durch, davon waren 42 oberirdische Tests. Diese verseuchten die Umwelt des Archipels radioaktiv und setzten die Bevölkerung gefährlichen Strahlendosen aus. Die Atomtests lösten weltweite Kritik und Proteste aus, da bereits seit 1963 der Partielle Teststopp-Vertrag in Kraft war. Diesen hat Frankreich nie unterzeichnet, dennoch war der öffentliche Druck so groß, dass die Testreihen beendet wurden. Doch der Schaden für die lokale Bevölkerung und die Umwelt war bereits enorm, bis heute erkennt Frankreich viele Betroffene nicht an und verweigert ihnen Unterstützung.

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Die ersten Atomwaffentests der Briten fanden in Australien statt. 12 oberirdische Atomwaffentests wurden zwischen 1952 und 1957 auf drei verschiedenen Inseln vor der Nordwest Küste Australiens durchgeführt (Maralinga (7 Tests), Emu Field (2 Tests), und Montebello Islands (3 Tests). Das am stärksten belastete Gebiet ist die Umgebung von Maralinga, sie wurde nachhaltig radioaktiv verseucht, viele Menschen hoher Strahlung ausgesetzt. Den Betroffenen wird bis heute die ihnen zustehende Anerkennung, medizinische Versorgung oder Entschädigung vorenthalten. Zudem wurden in australischen Krankenhäusern während Autopsien Proben entnommen, insbesondere bei verstorbenen Kindern, ohne die Einwilligung der Familien einzuholen oder diese zu informieren. Auf diese Weise wurden betroffene Menschen zusätzlich zu Versuchsobjekten in unethischen Forschungsprojekten zur Auswirkung radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Körper.

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Stimmen der Überlebenden

Ida Betke (Semipalatinsk)
Ida Betke (Semipalatinsk)
Meitaka Kendall-Lekka, Marshallinseln
Meitaka Kendall-Lekka, Marshallinseln
Claudia Peterson (Nevada)
Claudia Peterson (Nevada)

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